Über mich


Man muss wohl etwas verrückt sein für so ein Abenteuer! Ein Haus/zu/um/bau ist eine Entscheidung fürs Leben - bis dass der umfallende Ziegel uns scheidet! Oder bis man pleite ist - was auch immer zuerst eintritt! Und dennoch: es gibt sie noch, die Pioniere, die sich in dieses unbekannte Terrain vorschlagen. Ich bin eine davon! Mögen die Ziegel mit dir sein!

Für Wunder Muss Man Beten, Für Veränderungen Aber Arbeiten

Thomas von Aquin

Wir schreiben Ende Woche 5 am Bau. Und man merkt ganz eindeutig, der (Um-)Bau eines Hauses verändert nicht nur das Haus, es verändert auch die Menschen, die es bauen. Dass sich die Stimmung nunmehr schon minütlich ändert, die Wutausbrüche stetig mehr werden, davon habe ich in Grundzügen schon berichtet. Aber es passiert noch viel mehr mit denen, die dieses spannende Abenteuer wagen.

Eine Adaption Edward Munchs "Der Schrei". Weil sich hier zu viel genauso anfühlt.

Am leichtesten zu erkennen ist die körperliche Veränderung. Kiloschwere Ziegel, Stahl, Schiebetruhen und Schaufeln tun das ihre. Nehmen wir meine Mutter zum Beispiel. Die hat die bisher größte körperliche Veränderung dieser Baustelle mitgemacht. Wie auch bereits bekannt, ist sie Südafrikas Hoffnung auf Gold im Ziegelweitwurf. Und genau diese Ziegel wurden zu ihrem Schicksal. Noch ungeübt und wenig versiert, hat sie einen dieser Ziegel am ersten Tag ihrer Ziegelweitwurfkarriere zielsicher auf ihren Fuß fallen lassen. Ich möchte an dieser Stelle anmerken, ich habe ihr gesagt, sie soll sie klein schlagen. Sie wollte ja nicht hören. Ende der Geschichte: Ziegel auf Fuß, sie schreit, ich erkenne die Szene lediglich mit einem Schulterzucken an (ich habe es ihr ja gesagt!). Sie müssen wissen, für Mimimi ist auf einer Baustelle kein Platz. Man haut sich auf den Daumen, man skalpiert sich an rausstehenden Nägeln am Dachstuhl, man durchtrennt die Oberschenkelarterie mit der Motorsäge - egal was, man jammert nicht. Denn man kann es sich auch gar nicht leisten, auszufallen. Nachdem dieses Team so klein ist, ist man auf jeden einzelnen Mann angewiesen. Man versucht ja tunlichst, Unfälle jeglicher Art zu vermeiden ("Vorsicht", "Nicht so schnell", "Wart, ich kann das nicht halten" und das allseits beliebte "Schlag die Ziegel lieber kleiner, dann sind sie leichter zu werfen und hau sie dir bloß nicht auf den Fuß"). Und dennoch passieren sie täglich. Ich möchte schon fast sagen, an mehreren Schauplätzen parallel dann mehrmals täglich. Aber ich schweife ab. Fakt ist, ein Zehen ist gebrochen. Einer der kleineren. Nicht so schlimm also, die im Krankenhaus könnten auch nichts machen. Also Schuhe von jemandem anderen anziehen und gut ist (und wie ich diesen Satz schreibe, schiele ich nach rechts und sehe, wie sie diesen Zehen nun verbindet. Die Mullbinde reicht auch gern für ein Mumienkostüm für Halloween, der Zehen wird sich freuen).

Da hilft auch kein Halten mehr - die Zehe ist ab!

Mein Vater behauptet, er könne keine Faust mehr machen, die Wunde auf seinem Handrücken würde wohl bis zum St. Nimmerleinstag nicht mehr heilen. Geschweige denn, dass auch er lahmt. Und sich nicht mehr bücken kann, nicht mehr knien. Aber ich scheine die Baustelle ganz locker wegzustecken. Im Gegenteil, ich sehe sogar jeden Tag besser aus! Meine Oberarme haben schon was von Bodybuilding. Meine Gesicht ist so straff wie noch nie oder wie nennt man das, wenn die vor lauter Trockenheit dank dem Ziegelstaub schon fast reißt? Ich weiß nicht, wie lange meine Schneckenschleimsalbe da noch Abhilfe leisten kann. Aber mal ganz ehrlich: die trockene, fahle Haut fällt doch niemandem mehr auf, wenn man einmal meine Hände aus der Nähe betrachtet und sieht, dass die Haut da schon wie Pergament aussieht. Die alten Griechen hätten mit Freude ihre Hieroglyphen drauf geschrieben. Von den blauen Flecken - oder mittlerweile suchen wir eher die Flecken, die noch hautfarben sind - hab ich glaub ich auch schon mal was erzählt (ich hör nur Mimimi)...

Eine Foto, dass ich meinem Maurer schickte mit dem Text: das wäre ein Projekt für uns!

Die Baustelle verändert aber auch die Psyche. Man verliert völlig den Bezug zur Realität. Während ich heute versucht habe, letzte Vorbereitungen zu treffen (mehr dazu morgen), ist meiner Mutter plötzlich eingefallen, die Sträucher im Garten müssten zurückgeschnitten werden. Klar, das macht man auch so im Herbst. Aber ihre Begründung, wieso das nun heute sein müsste, hat selbst mir die Sprache verschlagen:"Ich will nicht, dass der Garten so verwahrlost aussieht", sagt's und dreht den Rücken zum Haus, das eher einem Schweizer Käse gleicht und trottet lahmend die Wiese entlang, die sich mittlerweile auf einen nur noch sehr kleinen Teil der rund 2.000m2 ums Haus herum beschränkt (man kann die Grashalme, die es noch gibt, einzeln zählen), aber dafür so hochgewachsen ist, dass man gut und gerne die Machete auspacken möchte. Die Sträucher sind also ihre Sorge, nicht die fehlenden Wände und Fenstern. Die Sträucher. Und ich bilde mir ein, die Spaziergänger, die später noch vorbei kamen, haben lautstark den top gepflegten Garten bewundert.

Aber auch ich scheine manchmal zu vergessen, was hier gerade passiert. Gestern waren wir "Einkaufen", man gönnt sich ja sonst nichts. Wieder ein paar hundert Euro, die auf der anderen Seite beim Bau fehlen. Einen Haufen neue Klamotten im Schrank aber die letzten 10m2 Fassade fehlen...

Merken Sie sich dieses Sackerl, es sind 10 Cent, die da den Unterschied machen

Jedenfalls wissen wir alle, wie das Haus zur Zeit aussieht: wie eine Vogelhaus. Das hält mich natürlich nicht ab, durch die Einrichtungsabteilungen zu schlendern und dann das zu kaufen, was in diesem Moment das absolut Nötigste ist: eine Krippe. Ja, Sie haben richtig gelesen. Ich bin nun stolze Besitzerin einer Krippe, in der das Jesuskind ein Zweig ist. Genau genommen besteht die ganze Krippe aus Zweigen, oder aus Treibholz, wenn man dem Etikett Glauben schenken mag ("Sie sind nun stolze (ja wirklich) Besitzerin (was kostet die Welt) einer handgefertigten (top, mit Handwerk kenn ich mich aus) Krippe von den philippinischen Inseln (leben viele Christen auf den Philippinen? Feiert man Weihnachten dort dann unter Palmen? Ich wäre schon froh, wieder mal vier Wände um meinen Schlafplatz rum zu haben)"). Und so bin ich aufgeregt wie ein kleines Kind, als die Verkäuferin mich miltleidig ansieht (siehe oben, da hilft kein Make-up) und die Krippe versucht in das 20 Cent Sackerl zu stopfen ("mittel"). Bald erkennt sie, das wird nichts, sagt, sie müsse das Sackerl tauschen und gibt mir dann ohne Aufpreis ein 30 Cent Sackerl. Wenn man mal drüber nachdenkt, habe ich bei diesem Einkauf sogar noch was gespart. Können Sie mir mal kurz vorrechnen, was ich mit 10 Cent an Fassade bekomme? Die Krippe steht jetzt jedenfalls im Haus, gleich neben meinem "Badezimmerschrank" und gegenüber von meinem "Jackenschrank" im Gang. Wenn das so weiter geht, werden wir uns Weihnachten alle um diese Krippe herum versammeln und Stille Nacht, heilige Nacht singen. Die einen mit gebrochenen Zehen ("Mum, das dauert nunmal sechs Wochen bis das heilt"), die anderen mit noch immer klaffenden Wunden am Handrücken und ich? Ich genieße bis dahin ab heute meine tägliche Kryotherapie (ja, der offene Raum macht sich bei 2 Grad Außentemperatur nicht gerade kuschelig bemerkbar) und werde jünger aussehen, wie je zuvor. Wie war das noch mal mit dem völligen Verlust des Bezugs zur Realität? Ach, nur das Zweiglein in der Krippe versteht mich...

Liebe philippinischen Kunsthandwerker, danke für diesen Lichtblick

Beim Kind hatte keiner mehr so recht Motivation, ich kenn das Problem



Apropos Zweiglein - auf der Baustelle wird man auch ganz schnell gläubig - das können Sie mir ruhig glauben. Selten habe ich so viel gebetet wie jetzt ("Lieber Gott, lass den Wind aufhören, ich hab Angst so ohne Wände um mich rum", "Herrgott, lass das Wetter stabil bleiben, damit die das Haus wie geplant aufstellen können"). Jetzt verstehe ich auch, wieso man eigentlich Kirchensteuer zahlen muss - der liebe Gott hat ganz schön viel zu tun auf so einer Baustelle. Und nicht jeder macht das für so einen Hungerlohn wie ich. Oder wie nennt man das, wenn man für's Arbeiten auch noch bezahlt?


Vor lauter Plaudern habe ich nun ganz vergessen, ein Baustellenupdate zu geben. Die Woche war eigentlich nach dem letzten Ziegel heute vor einer Woche langweilig. Mittwoch wollten wir das letzte große Fenster "raustreten", daraus wurde nichts, da der Wettergott (HA HA) nicht mitspielte und das Stiegenhaus unter Wasser setzte. Also erstmal das Stiegenhaus auskehren und Plane kaufen. Versuch 1 hielt genau bis zum nächsten Regenguss und seit Versuch 2 fühle ich mich wie ein Zirkusdirektor.

Wenn beten alleine nicht mehr hilft...



Der Wille zählt 
Hereinspaziert, hereinspaziert *nervige Zirkusmusik im Hintergrund"


Freitag war es dann so weit, das Fenster kam raus - es hat noch versucht sich zu wehren, aber mit genug Anschreien hat es sich ergeben. Okay, es ist soweit, wir reden mit Fenstern....

Woher die ganzen blauen Flecken kommen? Vielleicht von solchen Aktionen...

Kühlschankmodus an
Ganz kurzfristig habe ich dann am Donnerstag auch noch erfahren, dass der Dachstuhl zum Streichen bereit wäre. War jetzt so nicht bekannt, ab 20:00 wurden dann aber dennoch die Pinsel geschwungen. Zuerst aber mal alle Holzteile bewundern und sich freuen, dass mein Name drauf steht. Es sind ja mittlerweile die kleinen Dinge, die Freudentaumel auslösen. Erst später habe ich verstanden, dass dahinter ja sogar meine Außenwände stehen. Dann musste ich fast ein wenig weinen.

Da steht mein Name drauf #Promi

Das sind doch meine Wände!!!

Da steht nochmal mein Name!!! 
Essen, etwas das zur Zeit definitiv zu kurz kommt


Erster Anstrich fertig, kurz nach Mitternacht

Die Freude steht uns ins Gesicht geschrieben



Wieviele Donuts passen in ein Wochenende? Jemand Connections zu potentiellen Sponsoren?!


Zweiter Anstrich Samstag, wieder die Nachtschicht



Da denkt man auch schon mal über sein Leben nach
Am Sonntag dann das große finale Aufräumen, ein paar letzte Impressionen vom Dachstuhl der Tausend Nägel:
Ich hoffe, ich sehe sowas nie wieder

Noch schnell ein Donut...

Dann den Dachstuhl nochmal umschlichten, fertig!

Dann musste ich Wege bauen, damit meine Mutter die Gartenabfälle wegbringen kann - man kann ja nicht zuschauen, wie die Nachbarn sich DA über den ungepflegten Garten aufregen..

Das Stiegenhaus - ausgeschalt und FAST trocken! Wenn ich dann heute später noch bete, dann dass jemand den Rest noch flämmt...

Ich könnte schon Pläne für den ausziehbaren Schuhschrank zeichnen...

Das Haus nach 5 Wochen - wie schnell reift denn Schweizer Käse? Zu beachte, die zurück geschnittenen Sträucher

Auch hier - alles sauber! Kann endlich mal durchlüften

Wenn man genau sieht, sieht man den ersten Schnee in den Bergen - kein Wunder also, dass es mich nachts so friert

Für Wunder Muss Man Beten, Für Veränderungen Aber Arbeiten Für Wunder Muss Man Beten, Für Veränderungen Aber Arbeiten Reviewed by Tanja on 22:23 Rating: 5

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