Vermutlich konnte sich Christian Morgenstern so einiges erklären. Liebe auf den ersten Blick und so. Apropos erster Blick. Es war soweit. Der erste Blick auf das Haus in 3D. Und ja, man braucht viel Liebe, um es schön zu finden, den Klotz, wie er so da steht in rustikaler OSB Platten Optik, ohne Umgebung im luftleeren Raum.
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Noch nicht in hübsch, aber in 3D |
Ach, so schlimm ist es gar nicht. Man muss sich nur vorstellen, dass das ganze einmal in strahlendem Weiß leuchten wird und von einem wunderbar grünen Hügel umschmiegt sein wird. Man braucht viel Vorstellungskraft dafür. Viel.
So ist das nun mal beim Hausbau. Man macht sich Gedanken, man zeichnet, man skizziert. Man ist sich sicher, dass die Couch super ins Eck passt und der schwarze Boden einfach top aussieht. Plötzlich ist das Eck dann doch zu klein für die Couch und der schwarze Boden hat eher Ähnlichkeit mit einem schwarzen Loch.
Ich war ja immer schon mit einer grandiosen Fantasie gesegnet, konnte mir die tollsten Geschichten ausmalen und hatte die kühnsten Träume. Ich konnte mich seit jeher stundenlang damit beschäftigen, imaginäre Schulklassen zu unterrichten oder imaginäre Pferde zu trainieren. In Wirklichkeit hab ich vermutlich auch genau nur das gemacht in meiner Kindheit. Ich erinnere mich noch gut daran, dass ich die Namen meiner Schüler aus dem Babyvornamenbuch meiner Eltern abgeschrieben hatte. Da saß dann eine Chantal neben einer Cheyenne und Sandrine war die Klassenstreberin. Damals war die Welt noch in Ordnung und Chantal kein Schimpfwort - entschuldige Chantal.
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Diese Wand nenne ich ab sofort auch Chantal, oder besser noch Chantal-Cheyenne |
Jedenfalls habe ich auch jetzt wieder Stunden damit verbracht, zu zeichnen, zu planen. Die ersten Ansätze haben Sie ja bereits sehen können. Aus Mangel an Beweisen wurden diese Ideen abgewiesen - oder: ich konnte sie mir schlichtweg nicht leisten. Im Wirrwarr der Hausbaugleichungen ist die Konstante Geld leider über allem. Daher musste ich dann spontan umentscheiden und das tun, was ich eigentlich nie gedacht hätte: meinen Eltern auf dem Kopf rumtrampeln. Natürlich nur im übertragenen Sinn. Und so wurde ich von der Bauherrin zur Abrissqueen und Aufstockungsprinzessin.
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Mit dem richtigen Werkzeug alles kein Problem...oder?! |
Vorteil der ganzen Sache: zwei Fliegen mit einer Klappe. Etwas Neues für mich, etwas Renoviertes für unten. Das ist auch finanziell machbar. Noch. Allerdings ist man dann natürlich in der Grundrisswahl nicht mehr uneingeschränkt. Die L-Form musste also bleiben, ebenso der Höhenversatz von dem einen Trakt in den anderen. Fand der damalige Architekt wohl "fancy", führt heute bei den Baumenschen zu Kopfschütteln und Sorgenfalten. Aber: wir haben alles im Griff. Mittlerweile scheint es sogar so, dass das Masterbad einen Abfluss bekommt (wäre nicht schlecht) und mit viel Glück passt sogar ein Belag auf meine Terrasse. Ansonsten bleibt es bei der Folie, ist wenigstens leicht zum Abwischen.
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Excalibur - Baustellen Edition..... |
Immer wenn ich sage: och, ich muss doch nur zwei Zimmerchen und ein Bad sowie eine Stützmauer abreissen, dann verschweige ich die eklatanten Schmerzen, die mir allein die Stützmauer bisher verpasst hat. Am Wochenende bin ich der an den Kragen gerückt. Mit meinem extra dafür gekauften Bohrhammer. Wenn Sie mein Budget kennen würden, wüssten Sie: es handelt sich dabei eher um ein Spielzeug. Aber alle mal besser als mit den bloßen Händen abschlagen. Bloße Hände ist dann auch schon das richtige Stichwort. Das Spielzeug wiegt leider dennoch 8kg und den mal zwei Tage rumtragen geht ins Kreuz. Und in die Oberschenkel - die Wand geht ja schließlich bis zum Boden, wie ich meinen Arbeitskollegen am Montag stolz verkündete. Will sagen: vom vielen Hocken und Aufstehen, Schremmen und Klemmen blieben Muskelkater und Blasen, meine Nägel werden wohl länger nicht balltauglich sein. Aber die Mauer muss nun mal weg - und ein gutes Stück ist auch schon weg.
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Zwischendurch mal ein wenig Lehm schaufeln, zum Ausruhen... |
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Naja, es wird... |
Leider auch ein gutes Stück der Zeit des Wartens. Tatsächlich reden wir von nur noch 2,5 Wochen. Und am Wochenende gleich das nächste Highlight: Bretter streichen beim Holzbau. Man spart sich ja sonst nichts.
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Das Werk nach einem Wochenende...nicht übel! |
Und es bleiben noch die Wände im Obergeschoss. In dem ich zur Zeit auch schlafe. In dem noch mein Bett steht. Und Schränke. Und die Badewanne. Hab ich erwähnt, dass ich die Woche vor Baubeginn noch auf Dienstreise muss? Ich frag mich, wie knapp das alles am Ende noch wird.
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Oder beim Pferd in meinem Fall...
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Immerhin sieht man neue Orte, wie die Sammelstelle beispielsweise... |
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